Herr Dr. Wonka, seit einiger Zeit läuft im Bistum Münster der Prozess zur Entwicklung pastoraler Strukturen. Weihbischof Theising und Sie haben zwischen Februar 2022 und Ende März 2023 alle 40 Pfarreien im Oldenburger Land besucht. Was haben Sie an diesen Abenden erlebt?
Wir erleben vor allem viele ehrenamtlich und hauptamtlich Engagierte, die mit großem Interesse die Zukunft der Kirche mitgestalten wollen. Unser Ziel ist es, über den Prozess selbst zu informieren – aber auch ein gemeinsames Verständnis darüber zu erreichen, wie fundamental der Wandel der Sozialgestalt der Kirche in unseren Tagen ist.
Eines ist wichtig: Mit den Pastoralen Räumen schaffen wir einen Rahmen, in dem künftig vor Ort die Pastoralentwicklung stattfinden kann. Wir Christen in Deutschland werden weniger. Die Volkskirche, wie viele von uns sie kennen- und schätzen gelernt haben, wird es auf Dauer nicht mehr so geben. Die Gemeinden der Zukunft werden deutlich eigenverantwortlicher sein als heute. Sie werden nur noch durch wenige hauptberufliche Priester und Seelsorgende begleitet werden können.
Diesbezüglich kommen an den Pfarreiabenden natürlich auch Fragen und teilweise Sorgen über die Tragweite der Veränderungen zum Ausdruck. Etwa diese: Führt der Rückgang bei Seelsorgenden und Priestern nicht zu einer Überforderung der Ehrenamtlichen? Und wird es künftig genug freiwillig Engagierte in den Gemeinden geben? Insgesamt erleben wir aber große Zustimmung zu der Vorstellung, dass es künftig stärkerer Kooperationen zwischen den Pfarreien und mehr Verantwortungsübernahme von freiwillig engagierten Katholikinnen und Katholiken bedürfen wird, wenn Kirche an ihren jeweiligen Orten lebendig sein soll.
Wo stehen wir derzeit im Prozess zur Entwicklung pastoraler Strukturen?
Bisher ging es vor allem um Informationen: Wieso ist eine Weiterentwicklung der Strukturen in der Pastoral angezeigt? Warum sind Pastorale Räume die Antwort und wie können die künftigen Pastoralen Räume aussehen? – Diese Fragen standen bisher im Mittelpunkt. Diese Informationsphase endet nach dem kommenden Osterfest.
Nach Ostern soll der geografische Zuschnitt der Pastoralen Räume feststehen. Dann geht es darum, die inhaltlichen und strukturellen Entwicklungen dergestalt voranzutreiben, dass die Pastoralen Räume im Jahr 2024 Realität werden können.
Parallel läuft seit dem vergangenen Jahr die inhaltliche Beratung und Klärung zahlreicher Themen. Bistumsweit entwickeln Arbeitsgruppen Antworten für Fragen, die sich ergeben: durch den kommenden Mangel an Seelsorgenden, durch zurückgehende wirtschaftliche Ressourcen und durch die Veränderung von Religiosität und Kirche ganz allgemein. Auch im Oldenburger Land, wo sich manche Rahmenbedingungen von denen im NRW-Teil unseres Bistums unterscheiden, arbeiten wir derzeit intensiv an der Klärung inhaltlicher Fragen.
Einiges konnten wir schon präzisieren: So hat sich etwa gezeigt, dass die Rechtsform des Kirchengemeindeverbandes die beste formale Trägerstruktur für die künftigen Pastoralen Räume darstellt. Daneben hat sich gezeigt, dass die immer komplizierter werdende Verwaltung der Kitas einerseits professionalisiert werden muss. Andererseits bleibt es zentral, ihre bisherige und wichtige Nähe zur Kirche vor Ort institutionell abzusichern. Auch dafür bieten Kirchengemeindeverbände gute Lösungen an.
Es ist geplant, dass Bischof Dr. Felix Genn nach Ostern über den geografischen Zuschnitt der Pastoralen Räume im Oldenburger Land entscheiden wird. Was erwartet uns diesbezüglich im Oldenburger Land?
Die allermeisten Pfarreien im Oldenburger Land haben das durch Weihbischof Theising erbetene Votum abgegeben. Fast alle Pfarreien haben dem Vorschlag des BMO bezüglich ihrer Mitgliedschaft im jeweiligen Pastoralen Raum zugestimmt.
Einzig die Pfarrei St. Vinzenz Palotti in Bad Zwischenahn hatte beantragt, Mitglied in einem anderen Pastoralen Raum zu werden, nämlich im Pastoralen Raum III (u.a. Oldenburg und Delmenhorst). Kürzlich gab es diesbezüglich ein Treffen von Delegierten aus allen Pfarreien im geplanten Pastoralen Raum III und der Pfarrei St. Vinzenz Pallotti mit Vertretern des BMO. Nach einem offenen und respektvollen Austausch der Einschätzungen hat sich eine breite Mehrheit für die Aufnahme der Pfarrei St. Vinzenz Pallotti in den Pastoralen Raum Oldenburg-Delmenhorst gefunden. Auch Weihbischof Theising unterstützt das Anliegen. Daher ist es wahrscheinlich, dass Bischof Genn in seiner Entscheidung im Frühjahr dem Wunsch aus Bad Zwischenahn entsprechen wird.
Von diesem Fall abgesehen nehme ich im Oldenburger Land viel Zustimmung und Klarheit bezüglich der vorgeschlagenen geografischen Zuschnitte wahr.
Und wie geht es nach der geografischen Festsetzung mit den Pastoralen Räumen weiter?
Wie gesagt: Schon seit dem vergangenen Jahr läuft die Klärung vieler inhaltlicher Fragestellungen. Im Oldenburger Land haben wir daneben mit Herrn Günter Eilers für drei Jahre einen externen Projektleiter beauftragt, der viel Erfahrung aus anderen Bistümern einbringt. Er lädt für Mai und Juni dieses Jahres in allen Pastoralen Räumen zu Konferenzen ein. Ziel dieser Veranstaltungen ist, die Arbeit am Aufbau der Pastoralen Räume beziehungsweise der Kirchengemeindeverbände als rechtlicher Trägerstruktur gemeinsam aufzunehmen und die nächsten Schritte zu planen. In jedem Pastoralen Raum wird es dafür eine Prozessgruppe geben.
Alle Interessierten aus den Pfarreien im Oldenburger Land möchte ich gerne auch noch auf eine sehr interessante Veranstaltung am 24. Juni in Oldenburg hinweisen: „Kirche im Wandel“ heißt unser Oldenburger Zukunftsforum zur Kirchenentwicklung in Pastoralen Räumen. Damit greifen wir einen Wunsch vieler Ehrenamtlicher auf, miteinander und mit uns im Offizialat über den Wandel der Kirchengestalt, die damit verbundenen Abbrüche und die Aufbrüche in eine Kirche der Zukunft nachzudenken. Anmelden lohnt sich!
Das Gespräch führte Philipp Ebert (Pressesprecher des BMO).