Die beginnende Fastenzeit sei eine gute Zeit, um in sich zu gehen. „Wir müssen uns immer wieder fragen: Wie gehen wir mit unseren Mitmenschen um, wie gehen wir mit der Wahrheit um?“ Es gehe nicht darum, als perfekter Mensch zu leben, sondern darum, sich seiner Situation bewusst zu werden und mit Gott ins Reine zu kommen.
Beim anschließenden Frühstück nutzte Theising die Gelegenheit, seine Position zum jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe darzulegen. Er sei traurig über das Urteil, sagte er, denn das Leben sei nicht verfügbar. Auch das eigene nicht. „Was wird das auf Dauer für eine Gesellschaft, wenn wir für die Alten und Kranken keinen Platz mehr haben?“. Er erinnerte an Kardinal von Galen, der sich dagegen ausgesprochen habe, das Leben berechnen zu lassen. Das Urteil müsse natürlich akzeptiert werden, sagte Theising. „Doch wir Christen müssen Anwalt für das Leben sein und uns um alte, kranke und demente Mitmenschen kümmern.“
Auf Bitten von Walter Högemann, Landesbezirksbundesmeister aus Vahren, erläuterte er auch Hintergründe zum sogenannten Synodalen Weg. Seinen Ursprung habe diese Idee in den vor zehn Jahren bekannt geworden Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche. Als Reaktion auf die 2018 erschienene Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz hätten die Deutschen Bischöfe im März 2019 mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken beschlossen, in einem zweijährigen Beratungsprozess - dem Synodalen Weg - vier Themen zu besprechen: Machtmissbrauch, Sexualmoral, priesterliche Lebensformen und die Stellung der Frau in der Kirche. Die erste Sitzung der Vollversammlung in Frankfurt, der er als einziger Vertreter des Oldenburger Landes angehöre, sei ein sehr positiver und offener Auftakt gewesen. Der Ablauf der Versammlung habe sichergestellt, dass viele interessante Diskussionen und Gespräche entstanden und sich alle Anwesenden auf Augenhöhe begegnet seien. Keiner könne sagen, was am Ende dabei herauskommt, meinte Theising. „Wir haben aber einen großen Bedarf an Veränderungen in der Kirche. Wir müssen uns verändern, sonst verlieren die Menschen das Vertrauen in uns,“ machte er klar.
Dabei hätten Christen der Gesellschaft enorm viel zu bieten, sagte der Weihbischof. Die Schützen lobte er ausdrücklich als wichtigen Motor der Gesellschaft. Seitens des Publikums bekam er viel Applaus für seine Ausführungen. Es tue gut, dass er so offen und ehrlich über alles gesprochen habe, hieß es.
Ludger Heuer
Aktuelles
Kirche muss sich verändern
02. März 2020 - Rechterfeld
Weihbischof spricht bei Schützen über Synodalen Weg
„Wo ist eigentlich die Grenze dessen, was ich tun und sagen darf, ohne andere Menschen zu verletzen“, fragte Weibischof Wilfried Theising gestern in seiner Predigt vor 200 Schützinnen und Schützen des Landesbezirks Südoldenburg/Hümmling bei ihrem jährlichen Einkehrtag in Rechterfeld. Die Versammlung vertritt 24 Schützenbruderschaften mit ca. 24.000 Mitgliedern. Mit seinen Fragen spielte Theising auf Anschläge wie in Hanau und Volkmarsen, beleidigende Ausschreitungen beim Bundeligaspiel Bayern München gegen Hoffenheim und auch auf die am Vorabend beschmierte Kirchentür von St. Antonius in Rechterfeld an. „Man könnte meinen, für einige gibt es solche Grenzen gar nicht mehr“, sagte er.