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Der Mensch als ethischer Ausgangspunkt für kirchliches Investment

09. März 2017 - Münster, Bistum

Finanzverantwortliche diskutieren über nachhaltige Geldanlagen

Ohne ethische Kriterien für die Geldanlage geht es nicht. Der Meinung ist Ulrich Hörsting, Hauptabteilungsleiter Verwaltung im Bistum Münster: „Langfristig bekommt nur der ein stabiles Investment, der ethische Kriterien verfolgt.“ Gemeinsam mit Vertretern überwiegend kirchlicher Anleger diskutierte er am 8. März beim Studientag zum Thema „ethisch-nachhaltig investieren“ über die Vor- und Nachteile ethischen Investments. Rund 80 Finanzverantwortliche in der katholischen Kirche waren in die Akademie Franz-Hitze-Haus gekommen. Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit der Fachstelle Weltkirche des Bistums und dem Diözesankomitee der Katholiken im Bistum statt.

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Diskutierten über die Vor- und Nachteile ethischen Investments aus Anlegersicht: (von rechts) Sr. Ulrike Soegtrop, Stephan Jentgens, Margret Pernhorst vom Kirchenvorstand Lüdinghausen, Ulrich Hörsting und Dr. Heinrich Bottermann

„Vermögen heißt nicht automatisch Geldvermögen“, erklärte Hörsting. Nur rund fünf Prozent des geplanten Bistumshaushalts würden durch Einnahmen aus Anlagen gespeist. Ethisches Investment sei anfangs als zusätzliches Kriterium gesehen worden. Aktuell bewege man sich jedoch auf eine neue Phase zu: „Je mehr die Nachfrage nach ethischem Investment Allgemeingut wird, desto stärker muss man davon ausgehen, dass ethische Kriterien bestehende nicht ergänzen, sondern unterstützen.“ Nachholbedarf räumte der Verwaltungsleiter jedoch in Sachen Transparenz dieser Kriterien ein: „Wir können besser werden und müssen damit stärker in die Öffentlichkeit gehen.“

Stephan Jentgens, Geschäftsführer des Bischöflichen Aktion Adveniat in Essen, erklärte die Frage nach ethischem Investment zum Auftrag: „Wir sehen Geldanlagen immer auch aus der Perspektive unserer Partner und unserer Spender.“ Anlagepolitik bedeute für Adveniat, Politik sowohl für die Projektpartner als auch für ein nachhaltiges Gesellschaftsmodell zu machen. „Mit nachhaltigen Geldanlagen kann man eine gute marktkonforme Rendite erwirtschaften ohne ein horrendes Risiko“, sagte Jentgens.

So wie für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die laut Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann schon seit vielen Jahren mit Nachhaltigkeitsstandards arbeitet, sei das Thema auch in Ordensgemeinschaften längst präsent, erklärte Sr. Ulrike Soegtrop von der Benediktinerinnenabtei in Dinklage. Angelegt werde hauptsächlich für die Altersvorsorge der Schwestern. „2008 ist uns klar geworden, dass wir die Verantwortung nicht mehr an die Banken abschieben können, sondern selbst übernehmen müssen.“ Gemeinsam mit einigen Mitschwestern habe sie sich „ein Grundvokabular an börsianischer Sprache“ angeeignet und sich mit nachhaltigem Investment beschäftigt. „Unser Kriterienkatalog ist sehr umfangreich, sehr einfach, sehr klar und wird woanders Bibel genannt“, sagte die Ordensschwester schmunzelnd.

Zu Beginn des Studientags hatten Julia Seeberg vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und Dr. Hartmut Köß vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz die 2015 veröffentlichte Orientierungshilfe für Finanzverantwortliche katholischer Einrichtungen in Deutschland vorgestellt. Sie soll die Finanzverantwortlichen in kirchlichen Einrichtungen dabei unterstützen, ihre Gelder unter Berücksichtigung ethischer Kriterien anzulegen.

Lange sei das Thema „ethisch investieren“ von Vorurteilen geprägt gewesen, in den vergangenen Jahren aber habe sich viel getan, erklärte Köß. „Auf der einen Seite haben wir Papst Franziskus, der sagt ‚Das Geld muss dienen und nicht regieren‘ und damit klarer als seine Vorgänger formuliert, wie mit Geld umgegangen werden muss. Auf der anderen Seite steht die Sache Limburg.“ Eine zwölfköpfige Redaktionsgruppe, bestehend aus Mitgliedern von Finanzdirektionen, Ordensgemeinschaften, Hilfswerken und anderen Institutionen habe rund ein Jahr lang an der Orientierungshilfe gearbeitet.

„Der Mensch ist ethischer Ausgangspunkt für das kirchliche Investment“, fasste Seeberg zusammen, bevor sie das „magische Dreieck“ der Kapitalanlage erläuterte. Beim ethisch-nachhaltigen Investment würden die Anlageziele Liquidität, Sicherheit und Rendite durch nicht-finanzielle Ziele ergänzt. Mittels ethischer Kriterien könne so festgehalten werden, was durch die Finanzanlage nicht passieren darf, oder aufgezeigt, welche Folgen die Anlage erzielen soll. Als Fazit hielt Seeberg fest, dass künftig Transparenz und Entscheidungsstrukturen bei kirchlichen Finanzen besonders wichtig seien: „Eine offene Diskussion über weitere Schritte ist notwendig.“

Transparenz kirchlichen Vermögens forderte auch Antje Schneeweiß von „Südwind. Institut für Ökonomie und Ökumene“. Kirchengemeinden, Verbände und andere kirchliche Institutionen müssten diesen Prozess schon jetzt vorbereiten. Was derzeit noch freiwillig sei, werde in wenigen Jahren Pflicht. Ansprüche an ein ethisches Investment der Kirchen formulierten Dr. Barbara Happe und Christina Beberdick von „urgewald“. Der Verein vertritt die Interessen von Menschen, die unter globaler Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen leiden. So forderte Happe klare Ausschlusskriterien, um ethisch-kontroverses Verhalten auszuschließen und Risiken zu vermeiden. Außerdem könne Kirche über den „Best-in-Class-Ansatz“ positive sozial-ökologische Verhaltensweisen durch langfristige Investitionen voranbringen. Ganz konkret wurde Beberdick: Sie forderte, keine neuen Gelder für Kohlekraftwerke zur Verfügung zu stellen. „Statt weiter Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen zu befeuern, muss viel mehr Geld in Alternativen gesteckt werden.“